Während der vergangenen Mercedes-Benz Fashion Week in Berlin spielte Mode nicht nur in ihrer klassischen Form auf dem Laufsteg eine Rolle, sondern auch unter einem ästhetisch-künstlerischen Blickwinkel: Das einmal jährlich im Juli stattfindende Berlin fashion Film Festival, kurz BfFF, widmet sich der Symbiose von Mode und Bewegtbild.
Modefotografie ist bereits seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine feste Konstante des Modeuniversums und bestimmt nachhaltig die Wahrnehmung von Mode, Trends und Gesellschaft in den Köpfen ganzer Generationen. Fotografen wie Richard Avedon, Helmut Newton, Mario Sorrenti oder Wolfgang Tillmans schufen unzählige Bilderwelten, mit denen sie das Verständnis von Schönheit und Ästhetik neu geordnet, revolutioniert und teilweise vollkommen auf den Kopf gestellt haben. In erster Linie schießen einem da sicher die Fotos von Jürgen Teller und Model Kristen McMenamy in den Kopf, die Teller 1996 nackt, mit blauen Flecken und aufgemaltem Versace-Herz auf der Brust ablichtete - eine Provokation gegen den Glamour und die Perfektion der Mode. Der damit eingeleitete "Neue Realismus" der 90er Jahre, die Inszenierung einer poetischen, emotionalisierenden Natürlichkeit, setzte unter dem schultergepolsterten Hochglanz der Achtziger endgültig einen Schlussstrich. Grunge, Heroin Chic und Street Style-Fotografie traten ihren Siegeszug an und benötigten dazu nicht einmal mehr Designer oder gar Kleidungsstücke. Ein ähnliche Entwicklung in Richtung wegbereitendes Moment ist seit einigen Jahren in der Gestaltung von Modefilmen auszumachen. Zunehmende Globalisierung, Technologisierung und Digitalisierung sind die Wegbereiter für neue Marketingkonzepte der Modebranche, die das Internet in eine Art virtuelle Straße verwandeln, auf der die einstigen Street Styles der 90er und 2000er Jahre heute abgelichtet werden. Nach und nach machen sich dies auch große Labels zu Nutzen und vereinen die Möglichkeiten von Film, Virtualität und der Spielarten des Schönheitsbegriffs. Proenza Schouler erkannte dies erstmals 2012 mit dem Film Desert Tide von Harmony Korine, der in der virtuellen Umgebung von Second Life gedreht wurde, und dem Nachfolger Pretty, Paid, Proenza des Künstler-Duos Jeanette Hayes und Jen Brill. 2012 fand auch das Berlin fashion Film Festival erstmalig statt und sorgt seitdem dafür, dem noch relativ zaghaft beachteten "Modefilm" einen Platz in der Branche zu geben. Inzwischen bedient sich das Medium komplexeren Handlungsstrukturen, Humor, Satire, interaktiven Effekten und teilweise bewusst amateurhaft oder nonfiktiv dargestellter Szenen.
Unter den in diesem Jahr 700 eingereichten Beiträgen aus 54 Ländern wurden 70 Filme ausgewählt, die bei den öffentlichen Vorführungen des BfFF vorgestellt und anschließend von einer 13-köpfigen Jury, u.a. bestehend aus Designern, Marketingexperten und Filmemachern, in verschiedenen Kategorien bewertet und gekürt wurden. Die Gewinner der einzelnen Bereiche gibt es nachfolgend aufgelistet.
Vogue Originals by Matthew Frost – BEST FEMALE CAST, BEST FASHION FILM
Made from Cool by Martin Werner & Co für Jack & Jones – BEST EDITING, BEST MALE CAST, BEST MAJOR BRAND, BEST CINEMATOGRAPHY
RHIÉ 2014- THE PURGATORY OF MONOTONY – BEST FASHION and BEST PRODUCTION DESIGN
Tell No One – Mine All Mine for Nowness – BEST VFX
London Collections: Men 2013 directed by Matt Lambert from White Lodge – BEST EDITING
Jumper by Justin Anderson – BEST MUSIC, BEST FASHION & BEST CINEMATOGRAPHY
Let’s not make it complicated by Samu-Jussi Koski & Joel Hypén – BEST EMERGING ARTIST
Wren for FIRST KISS by Tatia Pilieva – BEST IDEA
SNAKE from Gustavo Lopez Mañas – BEST HAIR and BEST MAKE-UP
Badtime Stories by Rob Blake für Muschi Kreuzberg – BEST LOCAL PRODUCTION
Wer mehr zum BfFF erfahren möchte, dem lege ich das Interview mit Niccolo Montanari, einem der drei Gründer des Festivals, im Superior Magazine ans Herz.