90er Jahre hier, 90er Jahre da. So allgegenwärtig dieser Trend momentan in den Kollektionen der Designer und auch auf der Straße ist, so lang habe ich mich nicht mehr an die damalige ausufernde Begeisterung für Tennissport erinnert. Dabei war das doch DER Sport des bunten Jahrzehnts. Steffi Graf und Boris Becker waren Ikonen. Zur Live-Übertragung von Wimbledon und wie sie alle heißen, haben wir (oder unsere Eltern) jedes mal im Fernsehen pünktlich eingeschaltet. War diese dann vorbei, ging es in den Nachrichten und der Boulevardpresse direkt weiter. Tennis war quasi überall. Selbst mein Vater hat damals Tennis gespielt. Doch dann war auf einmal alles vorbei, die Sportart verschwand völlig vom Bildschirm. Ob das mit dem Ausscheiden von Boris und/oder Steffi zu tun hat, kann ich beim besten Willen nicht mehr sagen. Ich weiß nur, dass der eine wegen diverser anderer Geschichten immer noch und immer mal wieder im Fernsehen ist und die andere alles richtig gemacht hat.
Wer ist nun aber dafür verantwortlich, dass ich mich an das ganze Tennisbusiness von damals zurückerinnere? Franziska Michael. Ihre Kollektion für Frühjahr/Sommer 2014 steht nämlich unter dem Stern von gemischtem Doppel und gelben Gummibällen und auch ihre Präsentation auf der Mercedes-Benz Fashion Week Berlin war vom Tennis-Spirit erfüllt. Das kann man sich in etwa so vorstellen: ihr betretet einen Raum, in dem lauter sportlich gekleidete Männer und Frauen stehen oder sitzen, auf dem Boden kleben gelbe (Spielfeld)-Begrenzungen, überall liegen Tennisbälle und ihr hört die Geräusche von Aufschlägen, Geklatsche und Spielstandansagern. Die weiblichen Models tragen bauchfreie Tops, Wickelröcke, Bodys und Kleider in A-Linie; die Männer gerade geschnittene Hosen und Oberteile plus Tenniskappe. Die Kleidungsstücke zieren Muster aus quietschgrünen, an Rasen erinnernde Formen und terrakottabraunen, mit weißen Linien übersähten Tennisplatz-Prints. Überhaupt herrschen Sommerfarben wie Gelb, Gelbgrün und Braun vor, zu denen man weiße (Tennis)-Socken kombiniert. An den Füßen befanden sich allerdings keine Sportschuhe, sondern gequeme Gummilatschen in Dunkelblau oder Weiß. Durchaus authentisch, wenn man an lange Spielpausen denkt. Allerdings für meinen Geschmack eine Spur zu viel des Guten.
Wenn ich mir die Bilder so im Nachhinein betrachte, finde ich die Kollektion wirklich gelungen. Allerdings fehlen mir hier und da Höhen und Tiefen, wirkliche Highlights, die der Kollektion das gewisse Etwas gegeben hätten. Diese gab es nämlich zu genüge in der letzten Kollektion der Designerin, gegen welche diese hier ein wenig langweilig scheint. Nichtsdestotrotz können sich alle Entwürfe wirklich sehen lassen und auch die Präsentationsform war eine willkommene Abwechslung zu all den anderen Shows, die ich während der Modewoche gesehen habe.