Blogwatch: What my daughter wore

lola
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Zwischen Minnie Mouse und Prada.
© Jenny Williams

Wenn ich an die Klamotten und Outfits zurückdenke, die ich mit elf Jahren getragen habe, zieht sich abrupt alles in mir zusammen und meine Augenbrauen kräuseln sich. Ich möchte nicht sagen, dass das kleine Mädchen, das mir da in meinem Kopf entgegen lächelt, so mit buschigen Augenbrauen und Wind-Pony-Kraushaar-Schulterbob, sich nur einfach keine Gedanken über Kleidung gemacht hätte - denn das wäre gelogen - sondern dass der Sinn für Schnitte, Stoffe und Farben in keinster Weise ausgebildet war. Helle Jeans mit Schlag, je gigantischer, desto besser, plus Kurzarmshirt in Orange, Olive oder Türkis, plus Adidas-Turnschuhe. Buh. Natürlich kleidete ich mich vor dem Hintergrund der Post-90er, dennoch sah das alles tatsächlich nicht gut aus. Glücklicherweise habe ich als Teenager noch die Kurve gekriegt, ansonsten hätte ich jetzt wahrscheinlich ein anderes Hobby als Mode. 

 

Clementine Williams hingegen scheint die Stilsicherheit schon mit der Babynahrung in sich aufgenommen zu haben. Die elfjährige New Yorkerin kleidet sich bunt, fröhlich und ausgefallen, nach Lust und Laune, ganz wie es ihr gefällt. Das mag nach modischem Tohuwabohu klingen, nach Kinderoutfits, die genauso aussehen, wie die des Mädchens von nebenan. Doch nein, denn im Gegensatz zu denen weiß Clementine genau, was sie da tut, wenn sie Vintage-Kleidung kombiniert. Ihre Mum, die Illustratorin Jenny Williams, hat das ebenso erkannt und 2011 den Blog What My Daughter Wore ins Leben gerufen. Was als selbstdisziplinatorische Maßnahme begann, um jeden Tag zu zeichnen und etwas zu schaffen, das ihrer Tochter und ihr ganz allein gehört, sorgte schnell für Aufsehen. So wurde der Blog letztes Jahr vom Time Magazine zu einem der 25 besten Blogs des Jahres gewählt.

 

 

 

Kein Wunder, denn diese Zeichnungen, so voll von kindlicher Unschuldigkeit, Selbstbewusstsein und Unbedarftheit, strahlen eine schwer fassbare Magie aus. Obendrauf karikaturiert das Präsentieren der Looks von Clementine und ihrer Freunde, ob nun drei oder fünfzehn Jahre, die Blogosphäre und das Gehabe aller Mode- und Street-Style-Blogs - in farbenfrohen Buntstiftlinien. Und wenn die Elfjährige fast beiläufig ein Cap mit Vogue-Schriftzug und T-Shirt mit Miuccia Prada-Print trägt, dann erscheint das Posieren Erwachsener in teuren Designerstücken vergleichsweise albern und skurril. Wir Mädels aus der SM-Redaktion müssen uns dabei vielleicht auch an die eigene Nase fassen und ein wenig über uns selbst lachen. 

 

What My Daughter Wore ist also mehr als ein Kindermode-Blog. Vielleicht sind es die liebevollen Zeichnungen, die verrückten Outfits oder die Tatsache, dass sich diese New Yorker Kids für Kindergarten, Schule und das Spielen in der Nachbarschaft besser kleiden, als wir für Uni, Arbeit oder zum Ausgehen, die den Reiz des Blogs ausmachen. Mode wird in den Illustrationen so oder so zur kinderleichten Fingerübung. Eins steht fest: Carrie Bradshaw, du bekommst Konkurrenz. Die Bilderschau sei eröffnet. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

    AUTHOR:
    LOLA LOUD

    Der Widerspruch in sich.

    Einerseits überlaut, hoffnungslos verträumt, allezeit optimistisch, entwaffnend entschieden und ein wenig naiv, ist sie doch gleichzeitig schwer realistisch, unfassbar zurückhaltend und oft sprachlos. Als Tochter eines waschechten Seemanns hat sie eine Schwäche für schlechte Witze, gute Musik, Kunst, verquere Rhetorik und klassische Literatur. An erster Stelle aber: die Mode und das Schreiben.