MBFWB | Issever Bahri SS14

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fashion
Turksploitation beim Berliner Designer-Duo.
Fotos: Yannic Pöpperling

Die Frühjahr-/Sommerkollektion 2014 von Derya Issever und Cimen Bachri, besser bekannt als Issever Bahri, läutete unseren zweiten Tag im Berliner Moderummel ein. Dieser begann damit mit Entwürfen, die scheinbar von einer anderen Welt - oder eben einer weit entfernten Welt - kamen. Was auf den ersten Blick gar ein wenig futuristisch wirkte, entpuppte sich wenig später als eine Kollektion, die von der "Turksploitation" beeinflusst wurde. Dabei handelt es sich um ein Sub-Genre des Exploitationfilms der 1970er Jahre. "Exploitation" steht dabei für "Wiederverwertung" oder "Nutzbarmachung". Für den Film bedeutet das: bereits bekannte und erfolgreiche Filmthemen werden erneut zum Aufhänger und in anderem Rahmen nochmals umgesetzt. "Turksploitation" oder auch "Süpertrash" genannt ist dabei die "geturkte" Version des Genres, in der Hollywood-Blockbuster mit relativ einfachen Mitteln und in oftmals sehr platter Weise von türkischen Filmregisseuren neu aufgeriffen und parodiert wurden. Dabei entstanden u.a. neue Interpretationen von "Superman", "Star Wars" oder "Der Exorzist". Auch, wenn an vielen Stellen kopiert worden ist und die neu gedrehten Szenen teilweise mit denen der amerikanischen Originale zusammengeschnitten worden sind, entstand doch eine ganz eigene, neue Bildsprache und Ästhetik mit neuen Charakteren und Geschichten. 

 

Dieser abgedrehte und einzigartige Kosmos, der zwischen Trash und Kunst, Originalität und neuer Schöpferkraft beheimatet ist, inspirierte Issever Bahri zu einem zentralen Schlüsselelement ihrer Kollektion: Gegensätze. Dass diese sich tatsächlich anziehen, beweisen die beinahe wilden Outfitkombinationen und die unterschiedlichen Farben und Stoffe, die sich trotz allem spielerisch zu einem Ganzen zusammenfügen.

 

 

 

 

 

So treffen Häkelnetze aus Lederbändern auf irisierende Tüllstoffe, metallische Materialien und natürliche Baumwollstoffe. Verbunden werden diese durch die an Zitrusfrüchte erinnernden, runden Häkelapplikationen, die sich nicht nur auf den Kleidungsstücken, sondern ebenso auf den Augen der Models wiederfinden. Diese sehen die Welt also buchstäblich durch verrückte Brillen, welche die Mannequins gleichsam in mögliche Protagonistinnen eines der türkischen Filme verwandeln. Die enganliegenden, geraden Schnitte werden durch gehäkelte Taillengürtel akzentuiert und wirken dadurch sehr feminin. Die Farbpalette orientiert sich an den bunten, vollgepackten Filmpostern und reicht von gesättigtem Kirschrot über Senfgelb, Blauviolett und dunklem Waldgrün zu den Konstanten Schwarz und Weiß.

 

Dank symmetrischer Schnittführung wirkt der chaotische, überkolorierte Look doch reduziert und strukturiert. Issever Bahri beweisen damit einmal mehr ihr Handwerksgeschick und den Blick für das Detail. Eine Kollektion zum Liebgewinnen, die uns ein ganz eigenes Kopfkino beschert. 

 

 

 

    AUTHOR:
    LOLA

    Modemädchen durch und durch.

    Minimal Chic und New Sports ist ihr Metier, über Normcore und andere Phänomene der Mode kann sie nickend Romane erzählen und trotz Totalausfall beim Anblick der neuesten Laufstegbilder und Lookbooks ist die Dame nicht auf das Köpfchen gefallen. Lola liebt Kopenhagen und Kafka, hat eine Schwäche für Männermode und Musikhits, ist aber auch für Kunst und Kitsch zu haben.