Krempel der Woche: Adiletten

laura
|
Von der Badeschlappe zum Trendschuh.
Bilder via: adidas UK #socksnslides

Jaja, die Trends und wir. Es ist ein ewigs Hin und Her. Gerne würden meine lieben SM-Kolleginnen und ich wahrscheinlich behaupten, dass wir standhaft sind und uns nicht von temporären Hypes anstecken lassen. Doch das wäre knallhart gelogen. In Wahrheit bleiben nämlich auch wir nicht vom Einfluss unseres unmittelbaren Umfelds verschont, sodass sich bei einer Sache, von der wir heute noch steif und fest behaupten, dass wir sie nie! niemals! tragen werden, schon morgen mit einem Schlag ein akutes „Haben-wollen"-Gefühl einstellt.


Das derzeitige Objekt der Begierde: Adiletten. Ihr wisst schon, diese Badelatschen, die im gemeinen Volksmund gerne auch einmal als "Assiletten" bezeichnet werden. Auf den Markt warf adidas die Schlappen im Jahre 1972 und bewirbt sie seitdem im Kontext von Sport und Komfort. Lange verpönt dagegen: das Tragen auf der Straße. Der modebewusste Mensch führte sie maximal beim Saunieren aus. Und eigentlich hätte die ganze Angelegenheit so friedlich weiter vor sich hindümpeln können, wenn nicht auf einmal Modemädchen in ganz Europa damit begonnen hätten, sich die Finger nach den blauweißen Tretern zu lecken. Angestoßen haben den ganzen Hype wieder einmal die Skandinavier, die im Zuge ihrer gepflegten Nonchalance die Dinger kurzerhand in die Front Row der Modewoche beförderten. Und schwuppdiwupp finden auch wir anderen die einst als so hässlich empfundenen Gummisandalen nun ziemlich schmucke. Gut, der anhaltende 90er Jahre Trend spielt da sicherlich auch noch mit herein. Schließlich glauben wir seit kurzem auch wieder, dass wir ohne Spaghettiträger, Spice-Girls-Friesen und Collageshirts nicht leben können. Aber das ist eine andere Geschichte.


Die beliebtesten Modelle sind derzeit die klassische Variante in Dunkelblau mit weißen Streifen oder das farbliche Gegenstück in Weiß mit blauben Streifen. Letztere waren binnen kürzester Zeit sogar auf den obligatorischen Onlineportalen wie Zalando und Co. direkt ausverkauft.
Nichtsdestotrotz bleibt am Ende die Frage, wie alltagtauglich der Adiletten-Trend eigentlich ist. Denn wie so oft muss das, was wir Modemenschen uns da in unserer kleinen, vermeintlich exklusiven Fashionblase zusammengebaut haben, in der Realität noch lange nicht funktionieren. Und tatsächlich, während Modewelt und Blogosphäre sich also zu Hauf in ihren neuen geliebten Badelatschen ablichten, sind die Reaktionen auf der Straße eher irritiert. Das fing in meinem Fall übrigens schon bei bei der verblüfften Kassiererin im Sportfachhandel an, der ich auf ihre Frage hin in vollkommener Ehrlichkeit entgegnete, dass ich die Adiletten aus rein modischen Gründen kaufe. Der Rest reicht von verwirrt neugierigen Blicken beim Gang durch die Frankfurter Straßen, bis hin zu einem herzlichen Lachen von den lieben Freunden. Und sogar der eigenen Mutter, die es eigentlich längst aufgegeben hat, sich über den modischen Geschmack ihrer Tochter zu wundern, entfährt beim ersten Anblick nur ein leidendes "Aber doch nicht zur weißen Bluse". 

 

 

Wie dem auch sei, über die Meinung anderer mache ich mir zum Glück schon lange keine Gedanken mehr. Außerdem, selbst Schuld, wer sich diesem bequemen Schuh verwehrt. Dank der dem Fußbett entsprechend angepassten Sohle läuft es sich nämlich wie auf Wattewölkchen, weshalb die Adilette, ähnlich den Birkenstocks – ihr wisst schon, die Treter, die im Sommer zuvor ihren Weg aus der Gesundheitslatschenecke in die Trendabteilung der Geschäfte fanden – eine echte Alternative zu Plattfuß verursachenden Sandalen ohne Profil bietet. Und schlussendlich tut wohl jeder von uns gut daran, sich manchmal einfach selbst nicht so ernst zu nehmen, sondern die ganze Sache mit der Mode und den Trends mit etwas Spaß zu sehen. Wenn's gefällt, wieso nicht machen. Denn auch, wenn der Hype in einem halben Jahr wieder vorbei sein sollte, praktisch sind die Schuhe allemal. Und irgendwie haben die meisten von uns doch ohnehin einen ganzen Haufen dieser „Oh-Gott-was-hab-ich-da-bloß-getragen-Leichen“ im Keller liegen. Da kommt es auf eine mehr oder weniger nun wirklich nicht an.

 

Nur eines werde ich mir sicherlich nicht verkneifen: Socken zu den Adiletten. Das etabliert sich nämlich gerade zum nächsten großen Trend. Andererseits, man sollte niemals nie sagen, das haben all die anderen Trends ja bereits zur Genüge bewiesen. 

 

    AUTHOR:
    LAURA SODANO

    Lebe lieber ungewöhnlich.

    Mode. (Pop-)Kultur. Feminismus. Was für die einen nach Schizophrenie par Exellence klingen mag, ist für sie selbstverständlich. Die Dame, die mindestens so gerne und schnell redet, wie sie denkt, sprudelt nur so vor kreativem Kopfchaos, von dem ihr Umfeld selten verschont bleibt. Sprache ist ihr Medium. Das nuancierte Spiel mit pointierter Artikulation ihre Waffe. Schokolade ihr Laster. Bei Mode und Literatur setzt ihr Verstand nur zu gerne aus.